Vom Umgang mit Widerständen im Veränderungsprozess

Written By Hans Glück  |  Change  |  0 Comments

Im Veränderungsprozess stoßen Führungskräfte oft an gewisse Grenzen. Ein Teil der Mitarbeiter leistet Widerstand und stellt sich gegen die Änderungen oder zeigt ambivalente Verhaltensweisen. Ein anderer Teil der Mitarbeiter ist bereit für die Veränderung und möchte zügig den Prozess vorantreiben.  

Wie können Führungskräfte mit dieser Situation umgehen? Welches Verhalten der Führungskräfte stabilisiert die Mitarbeiter die noch im Widerstand sind und fördert die Mitarbeiter, die der Veränderung gegenüber aufgeschlossen sind?

Zunächst gilt es folgende Erkenntnis zu verinnerlichen: Widerstand ist menschlich und eine ganz normale Reaktion in Veränderungsprozessen. Wer dies versteht und die Ursachen des Widerstands erkennt, kann diesen auch überwinden.

 

Befindlichkeit der Mitarbeiter im Veränderungsprozess

Die Veränderungskurve veranschaulicht das menschliche Verhalten in Veränderungsprozessen. Nicht für alle Mitarbeiter beginnt der Veränderungsprozess mit einem Schock sondern genau mit dem Gegenteil – mit Euphorie. Dennoch wird die Kurve den selben Verlauf nehmen, da die euphorischen Mitarbeiter nach einer gewissen Zeit feststellen, dass Veränderungsprozesse langwierig sind und den Abschluss des Alten oder die Überführung von Systemen und Arbeitsprozessen ins neue System beinhalten. Das ist kräfteraubende Kleinarbeit, die bei Euphorikern manchmal zu Ermüdungserscheinungen führt und somit auch die Befindlichkeit beeinflusst.

 

Erkennen der Symptome des Widerstandes

Change Management und Kommunikation sind Führungsaufgaben. Wer es geschafft hat, schon vor dem Veränderungsprozess  eine vertrauensvolle und tragfähige Beziehung zum Mitarbeiter aufzubauen und Wert auf eine zielorientierte und adressatengerechte Kommunikation legt, der wird mit weniger Widerständen konfrontiert werden.

Ein wichtiger Erfolgsfaktor im Veränderungsprozess ist die Art und Weise, wie die Führungskräfte mit ihren eigenen Widerständen und denen der Mitarbeiter umgehen. Die Symptome, wann sich in einem Menschen Widerstand aufgebaut hat, äußert sich in unserem non-verbalen und verbalen Verhalten. Führungskräfte sind hier gefordert, sich selbst zu reflektieren und mit guter Beobachtung und Gespür ihre Mitarbeiter wahrzunehmen.

 

Es geht darum… 

  1. anhand von Symptomen den Widerstand zu erkennen,
  2. die Ursache herauszufinden,
  3. entsprechend der Ursache auf den Widerstand einzugehen.

 

Die folgende Übersicht versucht eine Einordnung der verschiedenen Symptome darzustellen:

   

direkt erkennbar

 

indirekt erkennbar

         

angreifen

 

– sagen, dass man nicht       einverstanden ist

 

– sich aufregen

 

– dagegen argumentieren

 

– Unruhe verbreiten

 

– Vorwürfe machen

 

– sich streiten

 

– polemisieren

 

– sich an Gerüchten beteiligen

 

– drohen

 

– Cliquen bilden

         

zurückziehen

 

– Gesprächen ausweichen

 

– sich lustlos oder müde fühlen

 

– schweigen

 

– unaufmerksam sein

 

– blödeln anstatt sich ernsthaft auseinanderzusetzen

 

– Besprechungen oder der Arbeit fernbleiben

 

– ins Lächerliche ziehen

 

– innerlich kündigen

 

– Unwichtiges debattieren

 

– krank werden

 

Ursachen des Widerstandes

Die Ursachen des Widerstandes eines Mitarbeiters können vielfältig sein. Hierbei hilft das Wissen über drei allgemein typische Ursachen für Widerstand:

  • Fehlendes Verständnis für die Veränderung: In der frühen Phase der Veränderung ist es (fast) unvermeidlich, dass Führungskräfte und vor allem Mitarbeiter einen Teil der Veränderung nicht verstehen. Denn die Initiatoren des Wandels in der Geschäftsführung oder Stabsstelle und die daran nicht Beteiligten handeln fast immer auf Basis unterschiedlicher Informationsgrundlagen und Erwartungen. Zunächst wird daher nicht an eine Lösung des Problems durch die Veränderung geglaubt oder es wird sogar eine Verschlechterung dadurch angenommen. Meistens fehlen Informationen über die Veränderung bzw. notwendige Hintergrundinformationen zur Einordnung in den Kontext. Oder es wurde zu wenig Zeit und/ oder ungeeignete Methoden eingesetzt, um einen Konsens in der Interpretation zu erreichen.

 

  • Kein Vertrauen in die Verantwortlichen: Die Mitarbeiter haben Angst, dass die Führungskräfte die Veränderung initiiert haben, um die Mitarbeiter auszunutzen. Oder weniger extrem: Die Mitarbeiter glauben einfach die Informationen nicht und verstehen deswegen die Veränderung bzw. deren Vorteile nicht. Dieser Widerstand ist insbesondere dann zu erwarten, wenn die Mitarbeiter den Rahmenbedingungen misstrauen oder ein konkretes Fehlverhalten der Verantwortlichen in der Vergangenheit vorliegt. Hier spielt auch die Unternehmenskultur und somit die Unternehmenshistorie eine wesentliche Rolle. Welche Personalpolitik verfolgt das Unternehmen? Welche Führungsgrundsätze prägen das Verhältnis zum Mitarbeiter? Sind Mitarbeiter mehrheitlich Beteiligte (Mitverantwortliche) oder Betroffene (Orderempfänger)? Wie gut ist die Zusammenarbeit zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat? Welche Erfahrungen haben die Mitarbeiter mit Veränderungsprojekten bis anhin im Unternehmen gemacht? Wie war der Einbezug der Basis? Wie verlässlich und kontinuierlich war und ist die Unternehmenskommunikation?

 

  • Nicht loslassen können: Es ist für Mitarbeiter oft schwer, die Veränderung in kurzer Zeit auch emotional zu akzeptieren. Sie haben Angst vor dem Verlust von wichtigen Aspekten des Arbeitslebens, die sie liebgewonnen oder an die sie sich zumindest gewöhnt haben. Gängige Verlustängste begründen sich auf den Verlust von Status, Macht, sozialen Netzwerken, Komfort, Handlungsspielraum, Zukunftsoptionen oder Kompetenzen. Je höher die Verlustängste, desto größer ist der zu erwartende Widerstand gegen die Veränderung. Die Angst und der Widerstand basieren dabei auf ihrer subjektiven Wahrnehmung der Situation und es spielt anfangs keine Rolle, ob die Befürchtungen begründet sind oder nicht. Hat man die Ursache verstanden und nimmt sich Zeit für den Mitarbeiter, dann sollte das »richtige« Verhalten im Umgang mit diesem Mitarbeiter schnell bewusst werden.

 

Mögliche Maßnahmen zum Umgang mit Widerständen

Es wird immer Mitarbeiter geben, die gegen eine Veränderung sind und mehr oder weniger dicke Mauern aufgebaut haben. Führungskräfte sind gefordert, den Stand des Mitarbeiters zu ermitteln, sein Entwicklungspotenzial auszuschöpfen und die eigenen Führungskompetenzen zu nutzen und zu erweitern.

Um die Kompetenzen einer Führungskraft im Umgang mit Widerständen auszubauen sind folgende Maßnahmen sinnvoll:

 

Selbstreflexion

Um das Bewusstsein für die eigenen Widerstände und mögliche Überwindungsstrategien zu entwickeln, ist es sinnvoll, die eigene Vergangenheit zu erforschen. Mit einem strukturierten hinterfragen der eigenen Verhaltensmuster werden persönliche Widerstände und Überwindungsstrategien sowie allgemeine Erfolgsfaktoren sichtbar und nachvollziehbar.

 

Wissenserweiterung

Um die Bedürfnisse von Beteiligten in Veränderungsprozessen zu erkennen, bedarf es einem Grundwissen über Veränderungsprozesse (Change Management). Dazu gibt es viele Informationen im Internet und in Sachbüchern.

 

Hier einige Bücher-Tipps:

  • Leading Change von John P. Kotter – das Grundlagenwerk, das Theorie und Praxis des Change Management beschreibt.
  • Change! von Winfried Berner – 15 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung.
  • Feel the Change von Klaus Doppler, Bert Voigt – Change ist eine hochemotionale Angelegenheit. In seinem neuen Buch „Feel the Change“ vermittelt er deshalb Managern die Grundlagen, um die Mitarbeiter vor allem mental auf die Anforderungen und Notwendigkeiten von Changeprozessen vorzubereiten.

 

Ausbau der persönlichen Fragetechnik

Führen über Fragen! Viele Führungskräfte kennen nicht ausreichend genügend Fragen, die sie ihren Mitarbeitern stellen sollten, um deren Widerstände und Standpunkte festzustellen. „Ist das Okay für Sie?“ oder „Haben Sie verstanden?“ reicht oft nicht aus. Daher ist es wichtig, dass Führungskräfte lernen, die „richtigen“ Fragen zu stellen, um den Mitarbeitern nahe zu sein. Eine gezielte Weiterbildung kann dazu sehr hilfreich sein.

 

Stärkung des Teamgeists

Teams, die sich ihrer Stärke und Werte bewusst sind, sind auch in der Lage Zeiten der Verunsicherung besser zu überstehen. Durch Workshops oder Teamtage, bei denen konkrete Themen des Veränderungsprozesses erläutert werden und die Plattform für den Austausch untereinander und mit den Führungskräften ermöglicht wird, werden viele Mitarbeiterfragen rechtzeitig beantwortet und Verunsicherungen durch Sicherheit ersetzt. Der Einsatz lohnt sich, da der Zeitaufwand eines Mitarbeiters, sich mit seinen Widerständen zu beschäftigen während des Arbeitsalltags, die Konzentration und Leistung stark beeinträchtigt und die Suche nach Gleichgesinnten fördert. Deshalb ist es ratsam, die Widerstände „geordnet“ auf den Tisch zu bringen und frühzeitig Klarheit zu schaffen.  

 

Fazit

Als Führungskraft darf man immer die eigene Grundausrichtung hinterfragen: Bin ich offen und neugierig oder stelle ich selber den Sinn der Veränderung in Frage? Diese Klärung ist wichtig, da die Ausstrahlung der Führungskraft von den Mitarbeitern auch non-verbal wahrgenommen wird. Klären Sie also Ihre Sinnfragen und Widerstände frühzeitig, damit Sie als Vorbild wahrgenommen werden und sich auf die Unterstützung und Begleitung des Teams konzentrieren können! Das ist Ihre Hauptaufgabe als Führungskraft in Veränderungsprozessen.

 

 

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